Weltweit bringen immer mehr Hersteller neue innovative Produkte auf den Markt, die sich geschmacklich und optisch an Spirituosen orientieren, aber keinen oder nur wenig Alkohol enthalten. Diese Alternativen eignen sich besonders zum Mixen von Longdrinks und Cocktails und bieten eine Möglichkeit für all jene, die auf Alkohol verzichten wollen oder müssen. Der Erfolg einzelner Produkte und die zunehmende Anzahl an neuen Produkten in diesem Segment bieten Anlass, sich einmal genauer mit dem Thema zu beschäftigen: Dürfen sich solche Getränke überhaupt „Spirituosen“ nennen und wie werden sie hergestellt?
Der mengenmäßige Anteil alkoholfreier und alkoholreduzierter Alternativen am Spirituosenmarkt betrug laut NielsenIQ im 1. Quartal 2024 0,3%. Laut einer Studie von mafowerk aus dem Jahr 2023 plant allerdings etwa ein Drittel der bisherigen Konsumenten, künftig mehr alkoholfreie oder alkoholreduzierte „Spirits-Alternativen“ zu trinken, während nur 18 % beabsichtigen, ihren Konsum zu reduzieren und 49 % ihren Konsum auf dem aktuellen Niveau beibehalten wollen.
Bezeichnung
Der Begriff „Spirituose" ist gesetzlich definiert: Laut europäischer Spirituosenverordnung müssen Spirituosen unter anderem einen Alkoholgehalt von mindestens 15 % vol aufweisen (Ausnahme: Eierlikör, 14 % vol). In rechtlicher Hinsicht ist der Begriff „Spirituose" somit nicht für alkoholfreie oder alkoholreduzierte Alternativen vorgesehen. Lebensmittelrechtlich gehören diese Produkte zu den nicht-kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränken. Obwohl sie geschmacklich und optisch an die alkoholhaltigen Originale anknüpfen, dürften sie rechtlich nicht als „Spirituosen“ bezeichnet und gekennzeichnet werden. In der Praxis werden sie häufig als „NLA“, „LNA“ oder „NOLA“ („No/Low-Alternativen“) abgekürzt. Ein einheitlicher Rechtsbegriff für diese Produkte existiert bislang nicht.
Kennzeichnung
Während Bier und Wein als „alkoholfrei“ oder „nicht alkoholisch“ bezeichnet werden dürfen, wenn sie einen Restalkoholgehalt von weniger als 0,5 % vol. aufweisen, existieren für „Spirits-Alternativen“ derzeit noch keine rechtlichen Vorgaben. An den in der EU und in Deutschland laufenden Diskussionen zur Bezeichnung und Kennzeichnung ist auch der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V. (BSI) beteiligt und setzt sich für mehr Rechtsklarheit ein.
Herstellung
Die Herstellungsweisen reichen von der Ersetzung von Ethylalkohol durch Wasser unter Zugabe von Aromen, ggfs. Konservierungsstoffen, etc. über die Verdünnung von Destillaten bis hin zur Verwendung von Destillaten, aus denen Ethylalkohol extrahiert wird. Bei der Herstellung von entalkoholisierten Destillaten besteht der erste Schritt darin, die passenden pflanzlichen Zutaten auszuwählen. Dies können - je nach gewünschtem Geschmacksprofil des Destillats - Kräuter, Gewürze, Früchte, Rinden, Blüten oder andere pflanzliche Bestandteile sein. Diese werden in Wasser eingeweicht, um ihre Aromen herauszulösen. Dieser Prozess, bekannt als Mazeration (von lat. macerare: „einweichen“), kann mehrere Stunden bis Tage dauern. Nach der Mazeration wird die Flüssigkeit destilliert, wodurch Aromen konzentriert und unerwünschte Substanzen entfernt werden. Bei der Destillation wird die Flüssigkeit erhitzt, um die Aromastoffe in Dampf zu verwandeln. Der Dampf wird anschließend wieder in Flüssigkeit kondensiert. Über verschiedene Verfahren wird der Alkohol soweit entzogen, dass er nicht mehr als 0,2 bis 0,5 % vol. beträgt. Nach der Destillation werden verschiedene Aromakomponenten gemischt, um das gewünschte Geschmacksprofil zu erreichen. Die hieraus resultierende Flüssigkeit wird schließlich gefiltert, um Trübungen zu entfernen.
Geschmack
Der Geschmack variiert je nach Marke und Art des Getränks. Da Alkohol als ein wichtiger Geschmacks- und Aromaträger fehlt, lassen sich diese Produkte nur schwer mit „echten Spirituosen“ vergleichen und stellen vielmehr eine eigenständige Getränkeart dar. Die Spirituosenbranche entwickelt laufend Produktinnovationen, die auch geschmacklich überzeugen. Auch Barkeeper wissen, dass der Gast auch in diesem Bereich komplexe, spannende Drinks erwartet.
Alkoholgehalt
Es ist wichtig zu beachten, dass einige Produkte geringe Mengen Alkohol enthalten können. Die Kennzeichnung „ohne Alkohol“ bzw. „0,0 %“ zeigt hingegen an, dass ein Getränk überhaupt keinen Alkohol enthält. Achten Sie im Zweifel also immer auf die genaue Kennzeichnung auf dem Produkt!
Tipps:
- In gewissen Situationen, z. B. im Straßenverkehr, in der Schwangerschaft und am Arbeitsplatz sollten Sie auf alkoholhaltige Getränke verzichten. Alkoholfreie Cocktail- oder Longdrink-Varianten mit entalkoholisierten Destillaten können eine spannende Abwechslung zu Mineralwasser, Limonade, Cola und Saft bieten.
- Menschen, die unter einer Suchterkrankung leiden, sollten dagegen auf den Genuss von alkoholfreien Destillaten gänzlich verzichten. So kann vermieden werden, dass durch den Geschmack und geringfügige Alkoholmengen das Suchtgedächtnis reaktiviert wird und die Gefahr eines Rückfalls besteht.
- Auch Kinder sollten keine „Spirits-Alternativen“ trinken. So kann vermieden werden, dass sich Kinder schon früh an Produkte im „Spirituosen-Look“ gewöhnen und die Gefahr eines Umstiegs auf alkoholhaltige Getränke entsteht.
Quellen:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019R0787
https://www.mafowerk.de/wp-content/uploads/2023/03/Consumer-Insights_Al…
https://mixology.eu/alkoholfreie-destillate-show-und-substanz-nogroni/